Höhere Heilungschancen und bessere Lebensqualität

Bildgeführt, computergesteuert, hoch dosiert, punktgenau: Das kleine, aber sehr wissenschaftliche Fach der Strahlentherapie hat sich in den letzten 20 Jahren wie kaum ein anderes Gebiet in der Medizin entwickelt. Für die Behandlung von Tumoren kann der Strahlentherapeut beziehungsweise Radioonkologe heute unter einer Reihe von Strahlenarten wählen und die Intensität nahezu beliebig variieren. Die Bestrahlung wird exakt geplant und mittels High Technology durchgeführt, das umgebende gesunde Gewebe und angrenzende innere Organe werden weitgehend geschont. Die modernen Techniken ermöglichen höhere Heilungschancen und eine bessere Lebensqualität.

Was passiert, wenn ein Krebs mit Strahlen behandelt werden soll? Mit speziellen Teilchenbeschleunigern, zum Beispiel einem Linearbeschleuniger, werden elektrisch geladene Teilchen auf hohe Geschwindigkeiten gebracht und kurz, schmerzlos und zielgerichtet durch die Haut auf die Tumorzellen gelenkt. Die Präzision ist die Summe von Medizin und Physik. Der Patient erhält keine Narkose und wird nicht operiert.

Diese Variante der modernen Strahlentherapie wird externe, nicht-invasive oder perkutane Strahlentherapie genannt: Hochenergetische Strahlen werden von außen durch das gesunde Gewebe in den Körper geleitet. Eine andere Variante ist die interne bzw. Kurzdistanz- oder Brachytherapie (von griechisch Brachy = kurz, nah): Ummantelte Strahlenquellen werden unter Vollnarkose direkt auf den Tumor gelenkt. Ob von außen oder von innen: Die Strahlentherapie ist heutzutage eine präzise Angelegenheit und wirkt nur dort, wo bestrahlt wird – in den sogenannten Bestrahlungsfeldern.

Das Prinzip der Strahlentherapie ist es, die Mechanismen der Zellteilung zu stoppen. Bei jeder Zellteilung werden die Erbinformationen in den Zellkernen weitergegeben – naturgemäß auch die von krankhaften Veränderungen wie das Wachstum eines Tumors (Primärtumor) oder das von Absiedelungen an anderen Stellen des Körpers (Metastasen bzw. Zeittumor/en). Die von den Strahlen getroffenen Zellen leiten den sogenannten programmierten Zelltod (Apoptose) ein, durch diesen Prozess zerstören sich die Zellen selbst.

Strahlenarten: Im Teilchenzoo

Wie erfolgreich eine Strahlentherapie ist, hängt in erster Linie von der Größe, der Lage, und der Strahlenempfindlichkeit des Tumors ab. Mit einer optimal geplanten Behandlung können inzwischen Tumoren unter fünf Millimetern im Durchmesser bestrahlt werden, während das gesunde Gewebe maximal geschont wird.

Für dieses Ziel stehen dem Strahlentherapeuten unterschiedliche Strahlenenergien zur Verfügung:

  • Sehr kurzwellige elektromagnetische Strahlen. Dazu gehören die ultraharten Röntgen- und die radioaktiven Gammastrahlen. Röntgenstrahlen entstehen durch hochenergetische Prozesse mit Elektronen, Gammastrahlung entsteht aus Zerfallsprozessen im Atomkern. Ein anderer Begriff für elektromagnetische Strahlung ist Photonenstrahlung, weil – wir erinnern uns an den Physikunterricht – jegliche elektromagnetische Strahlung aus Photonen bzw. Lichtteilchen besteht.
  • Atomare Teilchenstrahlen. Von Bedeutung für die Strahlentherapie sind hier vor allem die Protonen und Schwerionen (Kohlenstoffionen).

Die Photonen- und Elektronenenergien werden in Linearbeschleunigern erzeugt und für die externe Bestrahlung abhängig davon verwendet, wie tief im Körper bzw. nahe unter der Haut der Tumor sitzt.

Spezialgeräte wie Tomotherapie- und Roboter-unterstützte Geräte (Cyberknife) können noch mehr: Bei der Tomotherapie sind der Computertomograph zur Bildgebung und ein um den Patienten kreisender Linearbeschleuniger in einem Gerät vereint. Es kann sowohl CT-Bilder erzeugen als auch Tumoren bestrahlen. Beim Cyberknife handelt es sich um einen Linearbeschleuniger mit Präzionsrobotik zur Radiochirurgie ("Strahlen statt Skalpell").

Andere Geräte verwenden radioaktive Nuklide als Strahlungsquelle. Anlagen mit Protonen und Schwerionen stehen nur in großen Forschungszentren.

Strahlendosis: Kleine Portionen

Um gesundes Gewebe optimal zu schonen und Spätfolgen zu minimieren bzw. ganz zu vermeiden, wird die gesamte erforderliche Strahlendosis bis auf wenige spezielle Ausnahmen in kleine Einheiten (Fraktionen) aufgeteilt. Die Dosis für die erforderliche Strahlenmenge wird in Gy (Gray) angegeben, sie richtet sich unter anderem nach dem Volumen und der Strahlenempfindlichkeit des Tumors und wird vor Behandlungsbeginn auf Basis der Untersuchungsergebnisse individuell ermittelt.

Die Gesamtdosis beträgt zwischen 40 und 80 Gy, im Rahmen der Bestrahlungsplanung wird sie auf etwa 2 Gy pro Tag fraktioniert und auf 5 Werktage verteilt, wobei Abweichungen nach unten und oben möglich sind. Der gesamte Bestrahlungsrhythmus beträgt 4 bis 8 Wochen, die tägliche Bestrahlungszeit zwischen wenigen Sekunden und ein paar Minuten.

Mit jeder Anwendung wird ein etwa gleich großer Prozentsatz von Tumorzellen vernichtet. Sind am Ende der Strahlenbehandlung alle Krebszellen vernichtet, bedeutet dies bei einem nicht metastasierten Tumor die Heilung.

Fortgeschrittene Erkrankungen und bestimmte Tumoren – zum Beispiel im Gehirn – können nur selten in heilender (kurativer) Absicht behandelt werden. In solchen Situationen wird die Strahlentherapie zur symptomatischen Behandlung im Sinne einer Palliativtherapie mit höheren Einzeldosen, einer kurzen Gesamtbehandlungszeit und einem raschen Wirkungseintritt eingesetzt. Auf diese Weise sollen Symptome wie Schmerzen durch Metastasen, Schluckbeschwerden, Blutungen oder Atemnot deutlich oder vollständig gelindert werden.

Im Gegensatz zu einer kurativen hat eine palliative Strahlentherapie allein das Ziel, die Lebensqualität des Patienten in der ihm noch bleibenden Zeit zu erhalten oder zu verbessern.

Strahlentherapeut: Spezialist und Generalist

Der Erfolg der Strahlentherapie hängt auf anderer Ebene auch vom Vertrauen in die Kompetenz der behandelnden Ärzte ab. So sind eine empathische Betreuung und ausführliche Aufklärungsgespräche ein Maßstab dafür, wie wirksam sich die anfänglich ausgeprägte Angst vor der ersten Bestrahlung verringern lässt. Ideal wäre es, wenn vor Behandlungsbeginn die Möglichkeit bestünde, den Patienten mit den Räumlichkeiten und Apparaturen vertraut und mit dem medizinisch-technischen Personal bekannt zu machen.

Die Strahlenbehandlung selbst wird von speziell ausgebildeten Fachärzten, den Strahlentherapeuten – die auch Radioonkologen genannt werden – geplant und durchgeführt. Strahlentherapeuten sind Spezialisten und gleichsam die Generalisten in der Krebsmedizin: Sie beschäftigen sich mit so gut wie allen Krebskrankheiten in allen Stadien, begleiten Kinder und Erwachsene oftmals über viele Jahre hinweg und liefern den Behandlern regelmäßig wichtige Informationen über das individuelle Muster der Erkrankung und über die Veränderung unter der Therapie. Darüber hinaus behandeln sie ein großes Spektrum gutartiger Erkrankungen mit der Strahlentherapie.

Elementar wichtig ist in jedem Fall die Vernetzung mit den Kollegen der verschiedenen (onkologischen) Fachgebiete. Nur eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit ermöglicht ein optimales Behandlungskonzept, das von der Erstdiagnose über die Therapieplanung bis zur Therapiekontrolle reicht. Regelmäßige Konferenzen verschiedener Experten sind dafür bestimmt, die individuell richtige Therapie auf Basis der jeweiligen Leitlinien festzulegen, in der Onkologie findet dies in den sogenannten Tumorboards statt.

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